Ernst Siegfried Steffen, geboren am 15. Juni 1936 in Heilbronn. Mit 12 Jahren wurde er im Heim untergebracht. Nach der Volksschule und einer abgebrochenen Lehre war er als Hilfsarbeiter tätig. Mit 16 kam er zum ersten Mal in Haft. Insgesamt verbrachte Steffen 16 Jahre seines 34jährigen Lebens hinter Gittern. Im Zuchthaus Bruchsal begann er zu schreiben. Nach der Entlassung 1967 arbeitete er als Schriftsetzer, dann als Volontär bei Funk und Fernsehen und schließlich als freier Schriftsteller. Im Dezember 1970 starb Steffen an den Folgen eines Autounfalls.
* 15. Juni 1936
† 10. Dezember 1970
von Sigrid Weigel
Essay
Steffen ist einer der bekanntesten Gefängnisschriftsteller der deutschen Gegenwartsliteratur. Und doch durchzieht das Problem, delinquente und schriftstellerische Identität in Übereinstimmung zu bringen, wie ein Leitmotiv seine Texte – ebenso wie deren Aufnahme durch die Literaturkritik: Das Genre Gefängnisliteratur scheint ad absurdum geführt, wenn Steffen seine „Aufzeichnungen aus dem Zuchthaus“ ausdrücklich als Nicht-Literatur kennzeichnet und wenn ein Rezensent (Federspiel) seine Gedichte mit dem – als positive Würdigung gedachten – Hinweis „es ist nicht Lyrik, es ist Erfahrung“ kommentiert.Als seien die Erfahrungen eines Gefangenen nicht literaturfähig, baut der Autor in Richtung Feuilleton vor und grenzt sein Schreiben gegen „Literatur“ ab: erstens mit dem Hinweis, sein ...